Offenburg – Bildung: Gemeinschaftsschule hat Zukunft

Deutschland-24.com - Offenburg - Aktuell -Offenburg (BW) – Mit der Regionalen Schulentwicklung verfolgt die Stadt Offenburg das Ziel, dass alle Kinder den für sie besten Schulabschluss erreichen – und dass sie mit Freude zur Schule gehen. An der Umsetzung arbeitet die Stadtverwaltung gemeinsam mit den Eltern, Lehrern, Rektoren, dem Staatlichen Schulamt und weiteren Institutionen. Michael Hattenbach, Fachbereichsleiter Bürgerservice und Soziales, ist an dem Prozess beteiligt und sagt, welche Haupthürden zu überwinden sind.

Im Zentrum der Regionalen Schulentwicklung steht die Einführung von Gemeinschaftsschulen. Man kann den Eindruck gewinnen, Sie setzen auf ein Pferd, das nicht richtig zieht…

Michael Hattenbach: Bei allen Schwierigkeiten, die wir zu bewältigen haben: Die Gemeinschaftsschule hat Zukunft, da wir künftig nur noch zwei Säulen im Schulsystem haben werden. Da annähernd die Hälfte der Kinder das Gymnasium besuchen wird, kann es daneben im Sekundarbereich keine zwei Schularten mehr geben.

Welche Rolle spielt der Wegfall der Grundschulempfehlung?

Hattenbach: Die eines Katalysators. Bereits vor dem Wegfall gingen die Anmeldungen zu den Werkrealschulen zurück. Der Wegfall hat den Prozess beschleunigt. Inzwischen geht der Trend dahin, dass noch 15 Prozent die Werkrealschule besuchen, 35 Prozent die Realschule und – wie erwähnt – 50 Prozent das Gymnasium.

Was ist an diesem Trend problematisch?

Hattenbach: Für so kleine Anteile können wir keine gute Schule bieten, die einzelnen Schülerinnen und Schüler können nicht ausreichend gefördert werden. Schulen brauchen für eine gute Unterrichtsversorgung eine ausreichende Größe. Es sollen mindestens 40 Kinder je Klassenstufe eine Schule besuchen, die je nach Bedarf, Fähigkeiten und Interessen in kleinere Lerngruppen aufgeteilt werden.

Stichwort Binnendifferenzierung?

Hattenbach: Ja, darum wird es gehen. Wie die individuelle Förderung aussehen wird, das sollten wir allerdings den Pädagogen überlassen. Das sollte nicht die Politik vorschreiben.

In vielen Köpfen wird die Gemeinschaftsschule mit „Restschule“ gleichgesetzt. Was lässt sich Ihrer Meinung nach dieser Auffassung entgegensetzen?

Hattenbach: Die Gemeinschaftsschule kann in mehreren Punkten Vorteile gegenüber der Realschule bieten. So gibt es ein einfaches, mittleres und erweitertes Niveau, letztgenanntes wird von Gymnasial¬lehrern unterrichtet. Abgänger der zehnten Klasse der Gemeinschaftsschule können in die zehnte Klasse des allgemeinbildenden Gymnasiums wechseln. Das ist eine wunderbare Möglichkeit, das Abitur nach neun Jahren (G9) zu machen. Zudem haben die Kinder die Möglichkeit, eine Ganztagsschule zu besuchen und damit mehr Zeit zum Lernen. Den Gemeinschaftsschulen werden ja auch mehr Lehrerwochenstunden zugewiesen. In der Regel sind die Hausaufgaben erledigt, wenn die Kinder am Nachmittag nach Hause gehen. Das entlastet Eltern und Kinder. Der Lernstoff kann besser über den Tag verteilt und mehr Lerninhalte können in die Schule geholt werden. Neben den schulischen Lehrkräften können zum Beispiel auch Übungsleiter aus Sport, Kunsterziehung und Musik¬schule unterrichten.

Warum lässt der Gesetzgeber Gemeinschaftsschulen denn ausschließlich als Ganztagesschulen zu?

Hattenbach: Es ist schlicht und ergreifend nicht möglich, die Kinder auf unterschiedlichen Niveaus nur am Vormittag zu unterrichten und dabei zu differenzieren und auf die Kinder einzugehen. Dazu bedarf es Lernzeit, die sich über den Tag verteilt. Zudem soll kein Kind benachteiligt sein, nur weil es zuhause beim Lernen nicht unterstützt wird. Die Schule soll gute Bildungsmöglichkeiten für alle Kinder bieten, egal, wie die häusliche Situation aussieht, egal, ob der Fernseher den ganzen Tag läuft oder nicht. Darüber hinaus bereitet die Ganztagsschule auf die Anforderungen der Arbeitswelt vor – auch wenn dieser Aspekt nicht obere Priorität für den Schulalltag hat.

Kann davon ausgegangen werden, dass bei einem Regierungswechsel in Stuttgart in zwei Jahren eine neue Weichenstellung erfolgt?

Hattenbach: Ich bin mittlerweile guter Dinge, dass die grundsätzlichen Entscheidungen beibehalten werden. Es gibt beruhigende Signale aus allen Richtungen, dass der Weg vom dreigliedrigen Schulsystem zu einem mit zwei Säulen in ihren Grundzügen beibehalten wird. Im Detail mag es Veränderungen geben, die könnten sich zum Beispiel auf die Notengebung, auf das Sitzenbleiben oder das Maß der Differenzierung beziehen. Unsere Planungen in Offenburg sind aber darauf vorbereitet.

Wagen Sie eine Prognose: Wie könnte es in Offenburg mit Beginn des Schuljahrs 2016/17 aussehen?

Hattenbach: Bezogen auf die städtischen Schulen gehe ich davon aus, dass wir neben den Gymnasien zwei Realschulen und zwei bis drei Gemeinschaftsschulen haben werden, die eng miteinander kooperieren. Ich gehe von Annäherungstendenzen aus, indem die Realschulen mehr Angebote an den Nachmittagen aufnehmen werden. Außerdem vermute ich, dass der Zulauf an den Gymnasien abnehmen wird. Das würde ich begrüßen. Zurzeit werden doch immer wieder Kinder angemeldet, die mit den Anforderungen am Gymnasien, insbesondere in seiner verkürzten Form, überfordert sind. Das hängt auch damit zusammen, dass die Eltern das G8 aus ihrer Schulzeit nicht kennen. Das eigene Erleben der Eltern bestimmt die Diskussion sehr stark.

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Text: Stadt Offenburg

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Autor: Team Hessen-Tageblatt