Hessen / Wiesbaden – Der stellvertretende bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Gerhard Merz, hat der Landesregierung vorgeworfen, deren so genannter „Pakt für den Nachmittag“ sei Augenwischerei. Die SPD-Fraktion hatte einen Berichtsantrag an die Landesregierung gerichtet, deren Antwort Gerhard Merz „absolut nicht zufriedenstellend“ nannte. Er sagte: „Dieser ‚Pakt für den Nachmittag‘ ist weder verlässlich noch klar strukturiert. Er lässt Kinder, Eltern, Lehrkräfte und Schulträger alleine mit einem halbherzigen Angebot, das den Bildungsaspekt nachrangig behandelt und lediglich den Flickenteppich aus diversen Betreuungsangeboten um einen neuen Flicken ergänzt.“
Bezogen auf die Fachkräftestandards sei der „Pakt“ schlechter als eine Hortbetreuung, sagte Merz, gemessen an den hochfliegenden Ausbauambitionen von Schwarz-Grün sehe man nicht mehr als ein Tröpfchen auf den heißen Stein. Gerade einmal 34 Grundschulen im Land hätten sich im Rahmen des „Pakts“ zu Schulen mit Ganztagsangeboten weiterentwickelt, 88 der 122 teilnehmenden Schulen seine schon vorher am Ganztagsschulprogramm des Landes beteiligt gewesen. „Es kann deshalb von einem ‚flächendeckenden Ausbau‘ überhaupt keine Rede sein“, stellte Merz fest.
Der SPD-Politiker kritisierte auch, dass mehr als ein Drittel der Nachmittagsangebote im „Pakt“ nicht von ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern oder von vergleichbar qualifiziertem Personal abgedeckt werde. Er sagte: „In Hessens Schulen wird am Nachmittag die Qualität des Lernens ignoriert und durch ein schlichtes Aufbewahren der Kinder ersetzt. Qualifizierter Ganztagsunterricht findet erkennbar nicht statt.“
Auch bei der Finanzierung ziehe sich das Land weitgehend aus der Affäre. „Die Kommunen und die Eltern steuern Millionenbeträge bei. Während sich die Stadt Offenbach mit über 2,6 Millionen Euro an Betriebskostenzuschüssen am Pakt beteiligt, finanziert der Hochtaunuskreis seine Pakt-Beteiligung vor allem aus Elternbeiträgen. Auch die Spreizung der Elternbeiträge ist inakzeptabel, die Höhe der Elternbeiträge wird offensichtlich vollkommen willkürlich festgesetzt“, kritisiert Merz. Mit Beiträgen, die zwischen 10 und 218 Euro monatlich lägen, werde Schulgeld durch die Hintertür eingeführt. „Schwarz-Grün macht sich hier auf Kosten der Eltern und der Kommunen einen schlanken Fuß“, warnte Gerhard Merz.
Über die Qualität der Bildungsangebote, selbst der Hausaufgabenbetreuung, könne die Landesregierung ebenso wenig Angaben machen wie über die zentrale Frage der Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe. Nach wie vor bleibe es bei zahlreichen Schnittstellen in der Betreuungsarbeit, ein ausgewogenes Zusammenspiel von Bildungs-, Erziehungs- und Bildungsaspekten sei nicht erkennbar. „Das alles ist der Landesregierung offenbar gleichgültig, ebenso wie die Tatsache, dass nach ihrer eigenen Darstellung die vorlegten Informationen aufgrund der Heterogenität der Angebote nicht vergleichbar sind. Wie auf einer solch schwankenden Grundlage gleiche Bildungschancen für alle Kinder in allen Landesteilen geschaffen werden sollen, bleibt insoweit das Geheimnis der Landesregierung“, so Merz.
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Text: Gerfried Zluga-Buck
Stellv. Pressesprecher
Parlamentarischer Referent Petitionen
SPD-Fraktion im Hessischen Landtag
Schlossplatz 1 – 3, 65183 Wiesbaden