Offenburg – Kultur: Neue Ansätze und Ideen im Kopf

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Kinder und Jugendliche sind für das Kulturbüro der Stadt Offenburg wichtige Zielgruppen. – Freigegeben – Stadt Offenburg

Offenburg (BW) – Kinder und Jugendliche sind für das Kulturbüro der Stadt Offenburg wichtige Zielgruppen. Der zunehmende Nachmittagsunterricht fordert allerdings die Kreativität der Programmgestalter heraus. Inzwischen wird der Sonntagnachmittag gebucht, um Eltern mit ihren Sprösslingen ins Theater zu locken. „Ganz zufrieden bin ich noch nicht“, erklärt Edgar Common. Neue Ansätze und Ideen hat der Kulturbüroleiter aber im Kopf.

Mit einer Aufführung des „Kleinen Prinzen“ am 7. April 1965 in der Aula der Gewerbeschule nahm das Kindertheater in Offenburg – vermutlich – seinen Lauf. 241

Besucher kamen damals in den inzwischen längst abgerissenen Veranstaltungsort an der Moltkestraße. Danach verlegten sich die Programmplaner auf ein jährliches Weihnachtsmärchen. In den 1970er-Jahren wurde vom Konzept der reinen Märchengeschichten für Kinder abgerückt. Ausgegangen von einer „Kultur für alle“ sollte auch bei den kleinen Zuschauern der Alltag in den Blick genommen werden. Das Kindertheater entwickelte sich ausgesprochen positiv, Common erinnert sich an bis zu vier Termine pro Stück, um die Nachfrage zu stillen: zwei am Vormittag für die Kindergärten und Schulen, zwei am Nachmittag für Eltern mit ihren Kindern.

Diese Zeiten sind vorbei. Veranstaltungen werktags um 15 Uhr kann man laut Common „ganz vergessen“. Die Ganztagsschulen und die verkürzte Gymnasialzeit (G8) zollen ihren Tribut. Auch ein Beginn um 17 Uhr sei schwierig – wer will und kann sich nach acht Stunden Schule noch aufraffen? Bewährt hat sich mittlerweile der Sonntagnachmittag für die Familie und der Montagvormittag für die Schulen.

Trotzdem besteht weiter Verbesserungsbedarf. Auch die Reithalle als Veranstaltungsort findet Common nicht optimal. Insgesamt fahren die Anbieter von Kinder- und Jugendtheater bundesweit ihr Angebot zurück als Reaktion auf die gesunkene Nachfrage. Die Tendenz geht zu kleineren Produktionen, ausgerichtet auf 150 bis 200 Zuschauer. Die Reithalle ist dafür fast zu groß. Prädestiniert ist der Salmen, doch ohne ansteigende Bestuhlung können die Besucher in den hinteren Reihen kaum etwas sehen. Aus Denkmalschutzgründen jedoch hatte der Kulturausschuss eine Tribüne für den Salmen 2011 abgelehnt.

Nicht nur Common hat die Erfahrung gemacht: „Kinder sind ein gnadenloses Publikum.“ Sie machen keinen Hehl daraus, wenn ihnen etwas nicht gefällt. An der „Raschelquote“ lässt sich unüberhörbar ausmachen, ob ein Stück ankommt oder nicht. Kinderbuchklassiker wie Pippi Langstrumpf oder Räuber Hotzenplotz funktionieren immer, die sind auch den Eltern vertraut. Wobei die Erziehungsberechtigten dazu neigen, ihre Sprösslinge zu unterschätzen. Gerade die Eltern sind bei der Entdeckung von Neuland sehr zurückhaltend. Common versucht ein Mix aus Altbekannten und „frischen Sachen“. Pro Spielzeit kommen insgesamt rund 4800 Kinder in die Reithalle. Grundsätzlich wird darauf geachtet, keine Konkurrenz zum grenzüberschreitenden Theater Baal novo aufzubauen.

Auf gute Resonanz stoßen die Veranstaltungen in den Stadtteil- und Familienzentren. Je nach Größe des Saals werden bis zu 100 Kinder erreicht – darunter viele Mädchen und Jungen, die sonst keine Chance hätten, mit der Welt des Theaters in Berührung zu kommen. Mit den Vorstellungen werden vor allem jüngere Kinder angesprochen. Meist werden Puppen eingesetzt, es handelt sich in der Regel um Erzähltheater.

Ein besonderes Format ist die Puppenparade, die vom 14. bis 29. März 2015 zum vierten Mal orte¬nauweit stattfindet. Zwei Drittel des Programms richten sich an Kinder. Die Herausforderung besteht darin, auch die Erwachsenen zu erreichen. Common wirbt heute schon für „Mario und der Zauberer“ nach einer Erzählung von Thomas Mann am 25. März und verspricht „großes Theater mit kleinen Mitteln“. Einen festen Platz im Veranstaltungskalender hat die Blaue Märchenbühne, die Ende November für einen besonders schönen, da besinnlich-stillen Einstieg in die Adventszeit sorgt.

Speziell für Jugendliche werden Popkonzerte sowie HipHop- und Tanzveranstaltungen angeboten. Erstmals in dieser Saison gibt es Einführungen in die Oberrhein-Konzertreihe – auch um Berührungsängste mit der „Klassik“ abzubauen. Zielgruppe sind Jugendliche ab zwölf Jahren und Erwachsene. Die Musikschule bietet in regelmäßigen Abständen Familienkonzerte. Beim Theater wird es schwierig. Oft werden mit der Schule Aufführungen besucht, die auf einer Abiturlektüre basieren (sogenannte „Sternchenthemen“): „Vielen Schülern geht dann erst auf, was Theater überhaupt ist“, so Common. Schier unmöglich aber sei es, die jungen Leute dazu zu bringen, aus eigener Initiative ins Theater zu gehen: „Das läuft eigentlich nur über die Schule.“ Und da hängt es von den Lehrern ab, ob sie offen sind für innovatives Jugendtheater oder sich mit den bewährten Stücken und Stoffen begnügen.

Unterm Strich steht für Common fest: „Das Publikum will gar nicht so gerne kategorisiert werden.“ Mit dem Gros der Veranstaltungen sollen alle Kulturinteressierten angesprochen werden, von der Schülerin bis zum Großvater. Wobei für den Kulturbüroleiter das Publikum jenseits der 50 die Kernzielgruppe ausmacht. Diese Altersgruppe habe meist keine Schublade mehr im Kopf, sei offen, aufgeschlossen und neugierig – und nehme sich gerne die Zeit für einen anregenden Abend. Oder Nachmittag: Gefeilt wird derzeit an einem Opernangebot sonntags um 15 Uhr – für die ganze Familie.

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Text: Stadt Offenburg

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