Regensburg (BY) – Eine Neuauflage der „Silent Disco“, eine freiwillige Selbsterklärung von Gastronomen gegen Billig-Alkohol und viele verschiedene Aktionen, um Nachtschwärmer und Altstadtbewohner auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen – das sind die Pläne des Aktionsbündnisses „fair feiern“, die in der zweiten Sitzung dieses Jahres am 10. Dezember im Alten Rathaus beschlossen wurden. Im Rückblick auf das vergangene Jahr war der Tenor positiv, wenngleich es nach wie vor Probleme durch Ruhestörung, Vandalismus und Gewalttaten unter Alkoholeinfluss gab.
„Der Schlüssel ist: wir müssen auf die Straße gehen und mit den Leuten reden“, stellte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs gleich eingangs fest. Nur im persönlichen Gespräch könne man wirklich mit den jungen Partygängern in Kontakt treten und für Verständnis und Rücksichtnahme auf die Anwohner werben. Diese Meinung teilten auch die übrigen Teilnehmer des Treffens: Bürgermeisterin Getrud Maltz-Schwarzfischer sowie knapp 30 Vertreter der Stadt, der Szene-Gastronomie, der Anwohner, der Studierenden und der Polizei.
Konkret schlug Wolbergs daher vor, mit einer Gruppe aus Mitgliedern des Bündnisses an mehreren „Aktionsnächten“ durch die Altstadt zu ziehen und dabei den Dialog mit den Feiernden zu suchen.
Gewaltkriminalität rückläufig
Auch Polizeipräsident Rudolf Kraus betonte, dass solche präventiven Kampagnen langfristig erfolgsversprechender sind als das bloße Durchsetzen von ordnungspolitischen Maßnahmen. Aus Sicht der Polizei gab es Kraus zufolge im Jahr 2014 Licht und Schatten bei der Kriminalstatistik. Zwar sei die Gesamtzahl an Straftaten in Hinblick auf das Stadtgebiet rückläufig, dies gelte aber leider nicht für den Innenstadtbereich. Erfreulich sei aber, dass die Anzahl an Gewaltdelikten abgenommen habe. „Traditionell ist vor allem der Zeitraum von März bis Juli die größte Problemphase“, so Kraus. „Auf die Woche gesehen haben wir von Mittwoch bis Samstag die häufigsten Delikte – wobei wir die Taten am Mittwoch vor allem billigen Alkoholangeboten zu verdanken haben.“ Besonders Sachbeschädigungen seien zu einem großen Problem in der Altstadt geworden. Hier seien die Täter in über 90 Prozent der Fälle unter Alkoholeinfluss gestanden.
Erneuerung der „Freiwilligen Selbstverpflichtung“
Diese Feststellung nahm Oberbürgermeister Joachim Wolbergs zum Anlass, an die Vertreter der Szene-Gastronomie zu appellieren, keine sogenannten Billig-Angebote wie beispielsweise „Tequila für einen Euro“ anzubieten. Dabei schlug er vor, die bereits 2007 umgesetzte „Freiwillige Selbstverpflichtung“ zu erneuern, in der sich Gastronomen verpflichten, auf Flat-Rate-Partys oder alkoholische Billig-Angebote zu verzichten.
Dies wurde von Seiten der Gastronomie sehr positiv aufgenommen – schließlich verdienen die Kneipen- und Clubbetreiber selbst nicht viel an solchen Billig-Angeboten. Die anwesenden Gastronomen sprachen sich gemeinsam mit Ulrich Korb, Bezirksgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes, dafür aus, eine solche Freiwillige Selbstverpflichtung auf den Weg bringen.
Da Kraus auch auf einen Anstieg von Alkoholmissbrauch und Straftaten durch Minderjährige hinwies, kündigte Wolbergs an, in der nächsten Zeit über eine Dauer von sechs Monaten jugendliche „Testkäufer“ in Tankstellen, Supermärkte und Bars zu schicken, um zu prüfen, ob ihnen dort Alkohol verkauft wird. Er betonte, dass ein solches Vergehen sowohl für den Verkäufer als auch für den Ladenbesitzer ein hohes Bußgeld zur Folge habe. „Es geht mir dabei aber nicht darum, möglichst viele Bußgeldbescheide zu verteilen, sondern den Einzelhandel für die Problematik zu sensibilisieren und die Jugendlichen zu schützen.“
„Schnellrichterverfahren“ als Leuchtturmprojekt
Der Leiter des Rechts- und Regionalreferats, Dr. Wolfgang Schörnig, konnte auch positives Feedback zum inzwischen umgesetzten „Schnellrichterverfahren“ vermelden. In eindeutigen Fällen von kleineren Delikten wie beispielsweise Sachbeschädigung, zeige das Projekt erste Erfolge. Inzwischen seien bereits zehn Verurteilungen im Schnellverfahren durchgesetzt worden, die vor allem als „Warnschuss“ für Ersttäter dienen sollen.
Verständnis für Altstadtbewohner
Auch die Gastronomen selbst haben sich in den vergangenen Jahren verstärkt gegen nächtliche Unruhestifter eingesetzt, etwa indem sie Lärmschleusen im Ausgang ihrer Kneipen eigerichtet oder extra Personal vor der Tür positioniert haben, das die rauchenden Gäste vor der Tür um Ruhe bittet. Selbst die Altstadtbewohner haben dadurch einen deutlichen Rückgang an Lärmbelästigung durch Kneipen festgestellt. Das inzwischen größere Problem sind laut Helmut Knyrim, Sprecher der Bürgerinitiative für eine Bewohnbare Altstadt (BIBA), „Gröhler-Gruppen“ und „Party-Touristen“, die auf dem Weg zum Bahnhof lautstark durch die Altstadt ziehen.
Oberbürgermeister Wolbergs bekräftigte sein Verständnis vor allem für die alteingesessenen Innenstadtbewohner und räumte offen ein, dass noch nicht alles zum Besten stehe. „Wer allerdings heute beispielsweise in die Fröhliche-Türken-Straße zieht, und sich dann über Lärm beschwert, für den kann ich nicht viel Verständnis aufbringen. Trotz aller Maßnahmen wird bei den Massen an Menschen, die nachts in der Innenstadt unterwegs sind, immer ein gewisser Geräuschpegel herrschen. Dieser Grundproblematik muss man sich bewusst sein, wenn man heute in die Altstadt zieht.“ Polizeipräsident Kraus ergänzte, dass die Anzahl der gemeldeten Ruhestörungen seit 2011 rückläufig sei.
Einig waren sich alle Teilnehmer des Treffens, dass sich seit der Gründung des Aktionsbündnisses vor fünf Jahren schon viel getan habe. Deshalb plant „fair feiern“ auch im kommenden Jahr wieder zahlreiche Aktionen. So soll beispielsweise die „Silent Disco“, die im vergangenen Jahr im Rahmen des Bismarckplatz-Festes auf große Resonanz gestoßen war, auch in 2015 wiederholt werden. Durch Maßnahmen wie diese gelingt es dem Aktionsbündnis immer wieder, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und so die Nachtschwärmer für ein rücksichtsvolles Feiern zu animieren.
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Text: Stadt Regensburg